Schreibproblem – Schreibhemmung – Schreibblockade:
Meine besten Erste-Hilfe-Tipps
Je nach Ausmaß und Intensität unterscheidet man zwischen Schreibproblem, Schreibhemmung und Schreibblockade. Doch egal ob Sie sich aus einem kurzfristigen „Schreibtief“ ziehen oder sich endlich einer Schreibaufgabe widmen wollen, vor der Sie bislang nahezu vollständig kapituliert haben: Mit Hilfe der folgenden Tipps und Tricks – sowie bei Bedarf mit der Unterstützung einer professionellen Schreibberatung – können Sie es schaffen, wieder in den Schreibprozess einzusteigen bzw. Ihr Schreiben überhaupt erst auf Touren zu bringen.
- Stellen Sie sich zunächst die beiden folgenden Fragen (und finden Sie – allein oder mit Unterstützung – die entsprechenden Antworten): Wo genau im Schreibprozess liegt das Problem? Und/Oder welche schreibexternen Faktoren spielen eine Rolle für Sie und Ihr Schreiben?
Formulieren Sie für sich möglichst eindeutig, an welchem Punkt des Schreibprozesses Sie nicht weiterkommen: Wächst Ihnen Ihre Materialsammlung über den Kopf? Fällt es Ihnen schwer, die ersten vollständigen Sätze zu Papier zu bringen? Haben Sie an irgendeinem Punkt den roten Faden verloren, dem Sie ursprünglich folgen wollten? Die Antworten auf diese und vergleichbare Fragen bringt Sie an den Punkt, an dem Sie mit den folgenden Hilfsmitteln ansetzen können.
Oder liegen Ihre Schwierigkeiten außerhalb des Schreibens? Welche anderen „Baustellen“ gibt es etwa derzeit in Ihrem Leben? Welche Aufgaben haben Sie täglich zu bewältigen? Wie steht es um Ihre (physische und psychische) Gesundheit? Möglicherweise liegt Ihr Problem gar nicht am Schreiben als solches, sondern darin begründet, dass Sie aktuell anderweitig besonders gefordert oder überfordert sind – und Sie sollten sich zunächst der Lösung dieses Problems widmen, ehe Sie sich wieder dem Schreiben zuwenden. (Bisweilen kann aber auch das Schreiben zur Lösung anderer Probleme beitragen – doch das ist ein eigenes Kapitel… Lesen Sie dazu meinen Aufsatz über heilsames Schreiben, den Sie ebenfalls auf dieser Homepage finden!)
Wenn feststeht, dass es im und mit dem Schreiben hakt: Versuchen Sie es mit einem oder mehreren der folgenden Instrumente:
- Verändern oder wechseln Sie Ihre Schreibumgebung!
Im Schreibprozess spielen auch sog. schreibexterne Faktoren eine wichtige Rolle mit Blick auf Ihre Motivation und Inspiration. Wie und wo schreiben Sie? Wie ist Ihr Arbeitsplatz gestaltet? Welche Aussicht bietet sich Ihrem Auge, wenn Sie von Ihrem Schreibtisch aufsehen? Gestalten Sie Ihre Schreibumgebung so, dass sie Ihnen positive Impulse beschert. Diese sind individuell – hören Sie also in sich hinein, was es braucht, damit Sie durch die Umgebung, in der Sie sich befinden, zum Schreiben quasi eingeladen werden. Manchmal bedeutet das auch: Ortswechsel!
- Lassen Sie sich von dem inspirieren und motivieren, was Andere geschrieben haben (und wie sie schreiben)!
Das bedeutet natürlich NICHT, dass Sie fremde Stile (oder gar Inhalte) imitieren bzw. kopieren sollen! Vielmehr geht es darum, sich von jenem gedanklichen, emotionalen und stilistischen Reichtum, der aus entsprechenden Texten hervorgeht, anstecken zu lassen. Auch hier gilt: Folgen Sie Ihren persönlichen Vorlieben! Welches Buch hat Sie zuletzt richtig gefesselt? Welchen Autor bewundern Sie schon lange? Welche Schriftstellerin befasst sich mit Themen, die auch Ihnen unter den Nägeln brennen? Auf dem Weg über das Lesen gelangt man nicht selten (zurück) zum eigenen Schreiben.
- Besinnen Sie sich auf Ihre (Schreib- und anderen) Stärken: Setzen Sie sie in Ihrem Sinne ein – aber ergänzen Sie sie auch!
Die Antwort auf die Frage, welcher Schreibertyp Sie sind, spielt eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, einen stockenden Schreibprozess wieder in Gang zu setzen. In der professionellen Schreibberatung ist daher einer der ersten Schritte, diesen individuellen Schreibertyp zu eruieren – und davon ausgehend die passenden Instrumente und Methoden einzusetzen, mit deren Hilfe Sie sich selbst über die vor Ihnen liegenden Schreibhürden hinweg helfen können.
Sind Sie von Natur aus eher der planende, vorausschauende Typ? Haben Sie am liebsten, bevor Sie eine Aufgabe angehen, einen möglichst guten Überblick über das, was ansteht?
Oder legen Sie lieber gleich los, sobaldeine Arbeit ansteht – auch auf die Gefahr hin, dass Sie sich auch einmal „vergaloppieren“? Bzw. entwickeln Sie umgekehrt im Tun die besten Ideen, wie eine Herausforderung weiter bewältigt werden kann?
Auch beim Schreiben bzw. in der Schreibberatung werden unterschiedliche Charaktere unterschieden: der strukturfolgende und der strukturschaffende Typ. Während ersterer sich dadurch auszeichnet, dass er vor der Abfassung eines Textes sein Thema möglichst klar gliedert und erst dann, gemäß dieser Ordnung, schreibt, entwickelt sich bei letzterem die Struktur in der Regel erst im Zuge und im Verlauf des Schreibprozesses. Jede/r Schreibende ist im Normalfall eine Mischung aus beiden Typen, bei der die unterschiedlichen Eigenschaften je individuell stark bzw. schwach ausgeprägt sind.
Um Ihr Schreiben in Ihrem Sinne positiv zu gestalten, sollten Sie sich in erster Linie auf die Stärken Ihres Schreibertyps besinnen – und diese entsprechend einsetzen. Als „Strukturfolger/in“ verschaffen Sie sich bereits in einem frühen Stadium des Schreibprozesses den Durchblick, so dass Sie beim Abfassen des Textes einen verlässlichen Navigator besitzen. Als „Strukturschaffer/in“ fällt es Ihnen vermutlich leicht, direkt ins Schreiben zu kommen, und im Verlauf des Schreibprozesses erkennen Sie, welche Struktur Sie dem Geschriebenen geben können. Erster Tipp daher: Schreiben Sie typgerecht!
Schreibprobleme resultieren aber eben nicht aus Stärken, sondern eröffnen sich an Punkten, an denen die eigenen (Schreib-) Ressourcen erschöpft sind. Genau hier setzt professionelle Schreibberatung an – und auch Sie selbst können an dieser Stelle aktiv werden: Ergänzen Sie die Stärken Ihres Schreibertyps durch hilfreiche Elemente aus dem Repertoire seines Pendants! Wenn Sie etwa dadurch am Schreiben eines Textes gehindert werden, dass Sie sich allzu lange mit dessen Vorab-Gliederung aufhalten: Versuchen Sie – etwa mit der beschriebenen Technik des freewriting – den Schreibprozess anzukurbeln. Haben Sie umgekehrt dank Ihres ungezügelten Drauf-los-schreibens einen Punkt erreicht, an dem Sie nicht mehr wissen, welche Richtung Ihr Schreiben nehmen soll, dann halten Sie inne – und liefern die Ordnung Ihres Textes quasi nach, indem Sie die Arbeit am Text unterbrechen und erst einmal eine Gliederung erstellen. Sie kann Ihnen helfen, den weiteren Schreibprozess ebenso flüssig wie fokussiert zu gestalten.
- Schreiben Sie sich frei, indem Sie frei schreiben!
Ein Text muss nicht bereits in seiner ersten Version pulitzerpreisverdächtig sein! Nicht selten hemmen oder blockieren wir uns selbst, indem wir mit einem entsprechend hohen Anspruch an eine Schreibaufgabe herangehen. Hier kann die Methode des freewriting/freien Schreibens Wunder wirken: Schreiben Sie fünf bis zehn Minuten einfach drauflos, ohne auf irgendwelche grammatikalischen Regeln zu achten und ohne sich gedanklich in irgendeiner Weise zu zensieren. Das Ergebnis ist bei dieser Technik oftmals, dass Inhalte ihren Weg aufs Papier finden, die Sie ohne das ungezügelte Schreiben womöglich zurückgehalten hätten, „weil mir die richtigen Worte fehlen“.
- Lassen Sie Ihren Gedanken schreibend ihren Lauf – aber fangen Sie sie rechtzeitig wieder ein, indem Sie Ihnen Struktur geben!
Wenn es sich nicht gerade um eine Kurzform wie Aphorismus oder Einzeiler handelt, ist es wichtig, dass Sie das, was Sie schreiben bzw. schreiben wollen, rechtzeitig „in Form bringen“. Machen Sie sich also bewusst, welche Struktur Ihr Text haben soll, und legen Sie diese schriftlich fest, so dass Sie ein Gerüst besitzen, an dem Sie sich im Schreibprozess orientieren. Impulse, die während des Schreibens, etwa im Zuge einer freewriting-Einheit, aufkommen, können Sie umso punktgenauer in Ihren Text integrieren, je präziser Ihre Gliederung ist.
Die im folgenden Punkt skizzierten Fragestellungen bzw. die entsprechenden Antworten können Sie bei der Erstellung der Textgliederung unterstützen.
- Finden Sie die richtigen Fragen, ehe Sie nach Antworten suchen!
Immer wieder kann es vorkommen, dass der Schreibprozess ins Stocken gerät, weil man den berüchtigten roten Faden verloren hat. Nicht selten liegt das Schreibproblem in solchen Fällen darin begründet, dass man es versäumt hat, zu Beginn bzw. noch vor der Abfassung des Textes klare und eindeutige Fragestellungen zu formulieren. Ehe Sie also mit dem Schreiben richtig loslegen, sollten Sie sich die folgenden Punkte bewusst machen:
- Bei Sachtexten: Worum genau soll es in meinem Text gehen (zentrale Fragestellung bzw. Erkenntnisinteresse)? In welche Einzelaspekte lässt sich mein Thema unterteilen? In welcher Reihenfolge will ich mich den einzelnen Aspekten in meinem Text widmen? An welches Ziel will ich am Ende meines Textes gelangt sein (Schlussfolgerungen, Fazit, Ergebnisse, Botschaft, etc.)?
- Bei literarischen oder erzählenden Texten: Welche Geschichte will ich niederschreiben? Wie sieht der Plot aus? Welche einzelnen Stationen beinhaltet er, und in welcher Reihenfolge sollen sie aufeinanderfolgen? Wie sieht das Ende der Geschichte aus?
- Bei allen Textsorten: An wen richtet sich mein Text? Wer sind die Adressaten? Oder schreibe ich ausschließlich für mich selbst?
Wenn Sie während des Schreibens immer wieder auf diese Fragen bzw. die Antworten darauf zurückkommen, behalten Sie das „große Ganze“ immer im Auge – und vermeiden so, dass Sie sich beim Schreiben verzetteln und dadurch hemmen.
- Erklären Sie einer anderen (realen oder fiktiven) Person, worum es geht – und bekommen Sie so selbst den Durchblick!
Diese Technik können Sie ergänzend oder alternativ zu Tipp Nummer fünf einsetzen. Indem Sie möglichst präzise und verständlich einer anderen Person (schriftlich oder mündlich) davon berichten, was (und womöglich wie) Sie gerade schreiben oder welches Schreibprojekt Sie in naher Zukunft angehen wollen, erklären Sie auch (oder womöglich in erster Linie!) sich selbst, worum es in Ihrem Text geht oder gehen soll. Im klaren Formulieren, in der Suche nach den richtigen Worten sind Sie quasi dazu gezwungen, Ihre Gedanken nochmals zu durchdenken und auf den Punkt zu bringen. Worte sind eben nicht nur Worte, sondern Bedeutungs-und Sinnträger. Je besser Sie mit einem Wort, einem Satz das treffen, was Sie sagen und schreiben wollen, desto mehr durchdringen Sie Ihr Thema und alles, was Sie dazu bereits im Kopfhaben. Manchmal ergeben sich bei diesem erklärenden und reflektierenden Schreiben sogar noch gänzlich neue Aspekte und Ideen, die Sie davor noch gar nicht auf dem Schirm hatten.
Schreiben Sie also einen Brief oder eine Mail an jemanden, dem Sie sich und Ihr Schreibprojekt mitteilen wollen – oder erfinden Sie für Ihre Zwecke einfach eine entsprechende Person. (Wenn Sie sich an eine/n reale/n Ansprechpartner/in wenden, kann das Erklären natürlich auch mündlich erfolgen.)
- Auch Schreibpausen gehören zum Schreibprozess!
Mancher „tote Punkt“, an den man im Schreibprozess gelangt, lässt sich auch mit jeder noch so ausgefeilten Technik nicht überwinden – dann heißt es: Pause! Ob körperliche oder geistige Müdigkeit, ob Ablenkung oder bisweilen einfach nur Unlust: Nehmen Sie sich und Ihr Befinden ernst! Um den Kopf im besten Sinne frei zu bekommen, sich physisch zu regenerieren, den oftmals bewährten Abstand herzustellen, sollten Sie das, woran Sie gerade schreiben, immer wieder einmal ganz bewusst zur Seite legen, Ihren Schreibplatz verlassen und sich im besten Sinne des Wortes ablenken.
Wenn der Kopf auf diese Weise wieder frei ist, können Sie einen neuen und frischen Blick auf Ihr Schreiben werfen. Oftmals läuft es – wie bei vielen anderen Arbeitsabläufen – nach einer gewissen Auszeit noch einmal so gut. Manchmal beschert Ihnen ein ausgeruhter Geist aber auch eine freie Sicht auf das, was Sie womöglich bereits vor Ihrer Pause beim Schreiben behindert hat: Dann können Sie es nun mit einem der hier aufgeführten Tipps versuchen, um wieder in Ihren Schreibprozess zurückzufinden.
- Schreiben: Nicht nur das Produkt, sondern auch (und noch mehr) der Prozess ist wertvoll!
Zufriedenheit stellt sich ein, wenn eine Arbeit abgeschlossen, ein Projekt erfolgreich beendet ist. Beim Schreiben ist das natürlich nicht anders: Im fertigen Text haben sich die eigenen Gedanken quasi materialisiert, und man hat die eigene Leistung Schwarz auf Weiß vor Augen.
Vor allem umfangreichere Schreibprojekte stehen aber eben nicht innerhalb eines Tages fix und fertig da; und auch wer Erfahrung im Verfassen von Gedichten hat, weiß, dass das Suchen und Finden des richtigen Worts, die Entscheidung für eine bestimmte Form usw. oftmals eine Sisyphus-Aufgabe…
Machen Sie sich vor diesem Hintergrund – und gerade in Situationen, in denen Sie das Gefühl haben, im Schreibprozess zu stagnieren – immer wieder bewusst: Nicht nur das Produkt, sondern auch (und noch viel mehr) der Prozess Ihres Schreibens ist wertvoll! Eine gute Möglichkeit, sich diese Tatsache zu vergegenwärtigen, ist das Führen eines Schreibtagebuchs: Hierin begleiten Sie reflektierend Ihr Schreiben, indem Sie Inhalte und Abläufe rekapitulieren und analysieren, Etappenerfolge notieren, aber auch Probleme identifizieren und Lösungsansätze für auftauchende Schwierigkeiten formulieren. Schwarz auf Weiß haben Sie dann auch den Prozess des Schreibens „dingfest gemacht“: Mit Ihrem Schreibtagebuch halten Sie quasi Ihr Prozess-Produkt in Händen.
© Bettina Gröber
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